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Zeitintensive Betreuung am Lebensende in Wohnformen der Eingliederungshilfe

Projektregionen Cham, Dachau, Erding, Fürstenfeldbruck, München, Nürnberg

Für Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung/mit Assistenzbedarf ist die hospizliche und palliative Betreuung am Wohnort keine Selbstverständlichkeit. Am Lebensende entsteht oft ein erhöhter Betreuungsbedarf, weil es mehr Zeit braucht für die Grundpflege und Nahrungsaufnahme, Zeit für Gespräche mit Betroffenen, An- und Zugehörigen, Zeit für Sitzwachen und um persönliche Wünsche zu erfassen und zu erfüllen. Fehlendes hospizlich-palliatives Wissen bzw. der Mangel an Zeit, um dieses in der Einrichtung umzusetzen, führen oft dazu, dass Bewohnerinnen und Bewohner in der letzten Lebensphase aus dem vertrauten Umfeld verlegt werden. Oft bedeutet das einen Bruch in der Biografie und den Wechsel in ein ungünstigeres Betreuungsverhältnis mit nicht speziell ausgebildeten Fachkräften.

Im Rahmen des zuvor in Pflegeeinrichtungen durchgeführten Projekts „Zeitintensive Betreuung im Pflegeheim“ konnten im Rahmen einer Studie (letzter Abruf 11.10.2024) zu Bedarf, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Modells zahlreiche positive Effekte auf die Versorgung von Palliativpatienten durch die Bereitstellung eines zusätzlichen Stundenkontingents für Palliativfachkräfte gezeigt werden. Dieser erfolgreiche Ansatz zur Verbesserung der Betreuung von Bewohnerinnen und Bewohnern mit Palliativbedarf wird mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention in Kooperation mit der Paula Kubitscheck-Vogel-Stiftung (München) nun erstmals in einem Modellprojekt 2023 - 2025 in Wohnformen der Eingliederungshilfe erprobt.

Seit November 2023 starteten zeitversetzt 7 Einrichtungen der Eingliederungshilfe in das Projekt und werden über eine Dauer von 18 Monaten hinweg die zeitintensive Betreuung umsetzen; weitere Einrichtungen werden ab Herbst 2024 folgen.

Aus jeder Einrichtung werden zwei Palliativfachkräfte zusätzlich zu ihrer Anstellung auf geringfügiger Basis mit 20 Stunden pro Monat beim lokalen Hospizverein oder SAPV-Team angestellt. Durch die Anstellung bei einem anderen Arbeitgeber haben die sogenannten „ZiB-Kräfte“ in der eigenen Einrichtung „einen anderen Hut“ auf, und können sich ausschließlich um die Bedarfe von Bewohnern am Lebensende kümmern.

Die Einrichtung beteiligt sich mit einem Stundenkontingent von 10 Stunden pro Monat an der zeitintensiven Betreuung, die sie für Palliativthemen freistellt.

Die zusätzliche Zeit wenden die ZiB-Kräfte auf für

  • eine bedürfnisorientierte Grundpflege am Lebensende
  • Gespräche zur Versorgungsplanung
  • Beratung und Unterstützung der anderen Mitarbeitenden in den Wohngruppen
  • Gespräche mit den Bewohnern und Angehörigen und rechtlichen Betreuerinnen und Betreuuer
  • Koordination von weiteren, an der Versorgung beteiligten Diensten oder Personen.

Das evaluierte Projekt im Pflegeheim hat gezeigt, dass durch die zeitintensive Betreuung die Anzahl der Notarzteinsätze und Krankenhauseinweisungen am Lebensende signifikant zurückgegangen ist. Die Anwesenheit der ZiB-Kräfte wurde von den anderen Mitarbeitenden als Entlastung wahrgenommen und die palliative Kompetenz konnte in der gesamten Einrichtung verbessert werden. Last but not least führte die Umsetzung der zeitintensiven Betreuung bei den ZiB-Kräften selbst zu einer größeren Arbeitszufriedenheit.

Für eine erste Abschätzung der Effekte der zeitintensiven Betreuung am Lebensende in Wohnformen der Eingliederungshilfe wird das Projekt durch eine Evaluation im Rahmen einer Masterarbeit begleitet.

Am Projekt zeitintensive Betreuung am Lebensende in Wohnformen der Eingliederungshilfe beteiligen sich folgende Einrichtungen:

  • Wohnen mit Perspektive gGmbH, Fürstenfeldbruck
  • Franziskuswerk gGmbH, Schönbrunn
  • Barmherzige Brüder Behindertenhilfe gGmbH, Algasing
  • Barmherzige Brüder Behindertenhilfe gGmbH, Reichbach
  • Lebenshilfe München e.V., Einrichtungen: St. Quirinstraße, Willinger Weg, Putzbrunn I und II
  • Lebenshilfe Nürnberg e.V., Einrichtung: Klaus Dittrich Wohnanlage
  • Regens-Wagner-Stiftung, Einrichtung Lauterhofen

Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

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